Der Name klingt niedlich. Schänzli. Ein Diminuitiv, eine kleine Schanze. Entsprechend mild klingt die Projektbezeichnung: A2 Erhaltungsprojekt Schänzli. Doch das Projekt ist ein Superlativ. Auf einem der meistbefahrenen Autobahnabschnitte der Schweiz werden ganze Abschnitte saniert, der Hagnau-Tunnel wird sogar eingerissen und neu gebaut. Die Umleitungen sind ein Kunstwerk für sich.
Was im Frühjahr mit Vorbereitungsarbeiten begonnen hatte, war nur der Vorgeschmack. Jetzt, seit Montag, läuft das eigentliche, noch vier Jahre dauernde Projekt: Einer der stärksten Eingriffe am Tor zur Stadt, aus der Stadt, an der Stadt vorbei und ins Laufental. Es ist eine gewaltige chirurgische Operation mit dem Schlachtbeil, wie sie die Region seit der Autobahnsanierung vor zehn Jahren nicht mehr erlebt hat.
Der grosse Pfropfen vor Basel
Seit Samstag sind die Hilfsbrücken in Betrieb. Denn die Arbeiten geschehen alle unter Verkehr. Zwischen 60'000 und 70'000 Fahrzeuge passieren werktags den Abschnitt und mit dem Ferienverkehr auf der Nord-Süd-Achse sind es noch viel mehr; das ist massiv. Am Montag begannen die ersten Nachtsperrungen des Schänzlitunnels, sie dauern bis Freitag. Am Wochenende ist der Tunnel ganz gesperrt. Und nächste Woche wird der Durchgang wieder ab 20 Uhr bis 5 Uhr morgens gesperrt, von Montag bis Freitag. Während der Sperrung fährt der Verkehr über die Hilfsbrücke. Einspurig.
Dann gehts weiter, Schlag auf Schlag: Der Zugverkehr ist auch betroffen, die SBB bauen ab Ende Monat die Hilfsbrücken für die Schienen. Insgesamt sieben Hilfsbrücken musst du bauen, entschieden SBB. Das dauert bis Ende August 2018. Ein Ende der gesamten Baustelle ist aber erst Ende 2021 in Sicht. Natürlich ist das Bundesamt für Strassenverkehr als Bauherrin bemüht, den Verkehr nicht allzu stark einzuschränken. Aber das Ausmass für die Masse an Pendlern via Auto, Bahn, Velo und sogar zu Fuss ist gewaltig.
Vom heillosen Ertrinken im Verkehr
Denn die Bauerei reicht viel weiter als nur auf die Autobahn. «Schänzlisanierung in Muttenz: Projektleitung durchgefallen», kommentierte SP-Landrat Jan Kirchmayer vergangene Woche. Muttenz und das Birstal ertränken heute schon im Verkehr, schreibt er. Von einem regelmässigen Verkehrskollaps sei ohnehin schon auszugehen. Die Umleitungsmassnahmen würden kaum überzeugen: Ein paar wenige Parkplätze bei den Park&Ride-Anlagen mehr, 150 E-Bikes für umsteigewillige Autofahrer, das sei ein schlechter Witz.
Tatsächlich ist der Ärger jetzt schon gross, parteiübergreifend – und noch bevor die Kernbauphase richtig begonnen hat. Und ausgerechnet jetzt bauen die Wasserwerke Reinach noch entlang der Birs, was eine Velo-Entlastungsroute zusätzlich blockiert, durch die Umleitung schiessen sich Velofahrer und Fussgänger gegenseitig ab. Das Birstal sieht sich jetzt schon am Limit, Muttenz ächzt unter dem aufkommenden Ausweich-, Such- und Verirrtenverkehr. Und noch ist nicht einmal Winter.
Und die Landschaft lässt einfach stauen
Harmonie herrscht einzig bezüglich der Einsicht, dass die Arbeiten nötig sind. Der Autobahnabschnitt ist überlastet, und zwar seit Jahrzehnten. Der Strassenzustand ist katastrophal, die Tunnel sind veraltet und damit eine Gefahr. Nur: Die Begleitmassnahmen stehen scharf in der Kritik. Kein Wunder, denn sie sind das, was die Region in ihrem Herzen zu spüren bekommt: Infarkte der Hauptschlagader, die Basel während vier Jahren begleiten werden.
Wenigstens bleibt die Chance, die Begleitmassnahmen auszubauen. Gefordert sind Kantone und Gemeinden; auch wenn der Bund nun schon Geld für das ausgegeben hat, was Landrat Kirchmayr als «schlechten Witz» bezeichnet. Am Schluss bleibt es – gut föderalistisch – auch in der Pflicht der Kantone, Massnahmen zu treffen, die der Überlastung Einhalt gebieten. Der Landrat hat eine erste Chance mit einem provisorischen Wendegleis für die S3 in Aesch bereits versiebt; er lehnte einen entsprechenden Vorstoss ab. Bleiben nun die Massnahmen insbesondere des Sparkantons Baselland auf diesem Niveau, ist der Verkehrszusammenbruch perfekt.
Denn die Baustelle bleibt – und zwar nicht nur für Wochen, sondern für Jahre. Genau so lange wird nicht nur das Baselbiet selbst, sondern auch der Nachbarkanton die nicht vorhandene Verkehrspolitik der Landschaft zu spüren bekommen. Direkt, auf der Autobahn, auf Um-, Irr- und Abwegen, fluchend hinter dem Steuer.