Walter Thalmann lebt seit 50 Jahren mit einer geschenkten Niere.
Walter Thalmann lebt seit 50 Jahren mit einer geschenkten Niere.
  • Binci Heeb
  • Aktualisiert am

Das Wunder von Basel: Die Geschichten von zwei Nierentransplantierten (mit Video)

Am 5. April 1968 wurde dem damals 24-jährige Walter Thalmann in Basel eine neue Niere transplantiert. Heute, 50 Jahren danach, funktioniert sie noch immer ohne irgendwelche Probleme.

Damit lebt der 74-Jährige mit der weltweit am längsten funktionierenden Niere eines verstorbenen Spenders. Die Geschichte des Spender hingegen ist tragisch, es handelte sich um einen 12-Jährigen Knaben, der mit seinem Velo tödlich verunfallt war. Die Transplantation an Walter Thalmann wurde von Professor Florian Enderlin im Bürgerspital, dem heutigen Universitätsspital Basel USB, geleitet, dem zweitgrössten Nierentransplantationszentrum der Schweiz. 

Walter Thalmann-Symposium zur Feier des 50-jährigen Jubiläums

Um diese Erfolgsgeschichte zu feiern und zu Ehren aller, die sich für Menschen mit Nierenkrankheiten einsetzten, organisiert das Nierentransplantationszentrum des USB am heutigen 16. August das Walter Thalmann-Symosium. Ärztinnen und Ärzte veranschaulichen darin die Nierenentnahme- und Transplantation. Zudem berichten eine Empfängerin und ein Spender über ihre Erfahrungen. Alle Patientinnen und Patienten, die am USB (vormals Bürgerspital und Kantonsspital Basel) eine Niere transplantiert erhielten, wurden an das Symposium eingeladen. 

Walter Thalmann lebt seit 50 Jahren mit einer geschenkten Niere 

Für die medizinischen Abklärungen seiner Niere war Walter Thalmann im September 1967 ins Bürgerspital eingetreten. Die Untersuchungen sollten vier Monate in Anspruch nehmen. Erst Ende Januar 1968 konnte er das Spital vorläufig wieder verlassen. Als sich sein Zustand zusehends verschlechterte und er am 4. April 1968 wieder ins Spital gehen musste, geschah was man heute als Wunder bezeichnet. Im Verlaufe des Folgetages zeichnete sich ab, dass ein mögliches Nierentransplantat mit der passenden Blutgruppe zur Verfügung stehen könnte.. Da die Antikörper damals noch nicht bestimmt werden konnten, musste auf eine Typisierung verzichtet werden. Walther Thalmann wurde operiert. Damals war unvorstellbar, dass diese Niere auch 50 Jahre später noch einwandfrei funktionieren würde. 

Zwei Monate dauerte sein Aufenthalt, begleitet von Abstossungen und Infektionen.  «Ich war sehr überrascht, dass so schnell eine Niere gefunden wurde», sagt Walter Thalmann und «es war schön, denn ich hatte ein eigenes Zimmer und wurde Tag und Nacht betreut». Die operierenden Ärzte von damals waren noch ziemlich unerfahren mit dieser Art von Transplantation. Bei Walter Thalmann wurde erst die neunte Nierentransplantation in Basel durchgeführt. Mit «viel Glück, grossem medizinischem Aufwand, einer guten Spenderniere und einer sorgsamen Langzeitbetreuung durch die Nephrologie» beschreibt Prof. Jürg Steiger, Chefarzt Transplantationsimmunologie und Nephrologie am Universitätsspital Basel den Umstand, dass Walter Thalmann auch heute noch mit derselben Niere lebt. Ihre Funktion sei gut und völlig normal.  

Positive Lebenseinstellung: das Rezept von Ruth Peters 

Eine andere Patientin, Ruth Peters wurde 1978 operiert. Nach immer wiederkehrenden Nierenbeckenentzündungen waren ihre Nieren stark vernarbt und hatten schliesslich nur noch die Grösse eines Hühner-Eis. Im Gegensatz zu Walter Thalmann dauerte ihr Aufenthalt im Spital nur drei Wochen. Zuvor musste sie über elf Monate drei Mal wöchentlich zur Dyalyse. Ihr Zustand war «miserabel», wie sie es beschreibt. Sie hatte sehr viel Wasser auf der Lunge, konnte nicht mehr liegen, war dem Tod sehr nah. Prof. Thiel liess sie sofort ins Spital kommen und leitete den grossen Eingriff. 

Bereits kurz nach dem Erwachen in der Intensivstation fühlte sie sich wie neugeboren. Die Niere arbeitete sofort, Ruth Peters fühlte sich so gut, dass sie kurz nach dem Erwachen auf der Intensivstation bereits mit ihrem Mann telefonieren wollte. Eine tiefe Dankbarkeit gegenüber allen Spendern begleitet sie ein Leben lang. Sie sagt: «Ich fordere alle Menschen auf, einen Spenderausweis auf sich zu führen». Ruth Peters ist überzeugt davon, dass ihre positive Lebenseinstellung eine riesige Rolle dabei gespielt hat, dass sie seit über 40 Jahren mit derselben Spenderniere lebt. 

Nierentransplantationszentrum mit Vorreiterrolle

Seit 1966 wurden in Basel 2'465 Transplantationen durchgeführt. Alleine in diesem Jahr bereits 67. «Spendernieren kommen entweder von einem hirntoten Spender oder einen Lebendspender, z.B. einem Verwandten» sagt Prof. Lorenz Gürke, Chefarzt Transplantationsimmunologie und Nephrologie am Universitätsspital Basel. Bei der Operation werden zwei Techniken angewendet. Bis 1997 wurde mittels eines grösseren Schnitts über einen offenen Zugang operiert. Seither sind die laparoskopischen Eingriffe an der Tagesordnung. Die Operation dauert in der Regel zwischen 1.5 bis 3 Stunden.

Wenn man bedenkt, dass eine gespendete Niere im Durchschnitt zwischen 10 – 15 Jahren hält, kommt es einem Wunder gleich, dass Walter Thalmann und Ruth Peters noch heute mit ihren vor 50, respektive 40 Jahren geschenkten Nieren leben. Barfi.ch wünscht den beiden Jubilaren noch viele weitere Jahre bei voller Gesundheit.

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